Bewohner noch immer in Trance Galja war noch nicht in ihrer Wohnung im siebten Stock eines Wohnblocks, aber schon von außen sieht man, dass sie einen Granatentreffer abbekommen hat: Die Fenster und der Balkon sind zerstört. Dort haben russische Soldaten gewohnt. Von ihrem Sohn, der die Wohnung schon inspiziert hat, hat sie erfahren, dass die Russen Kleider, Schuhe und Alkohol mitgenommen haben. Nach ihrem Zustand gefragt, sagt Galja: "Ich bin noch immer in Trance. Ist das etwa Krieg? Kinder vergewaltigen, Wehrlose erschießen? " In Irpin versucht Wiktor Makowej gerade wieder zu sich zu kommen. Der 48-Jährige, der erst im letzten Jahr aus Kiew hierhergezogen ist und bis zum 24. Februar ein ganz normaler Möbeldesigner war, hat bis zum 23. März in seinem Haus ausgeharrt – trotz der ständigen Bombardierungen durch die Russen. "Jedes Mal, wenn es Angriffe gab, habe ich mich hingekniet, die Hände vor die Augen gehalten und die Hymne der Ukraine gesungen", erzählt er. Tattoo? (Gesundheit und Medizin, Abstimmung, Tätowierung). Am 23. schlug ein Geschoss in seine Nachbarwohnung im 7.
Hier wurden im März all die Menschen notdürftig begraben, die von den Russen ermordet wurden oder ins Kreuzfeuer geraten waren. Jetzt liegen hier nur noch ein paar Nelken, die Leichen wurden im April auf einen ordentlichen Friedhof überführt, andere warten noch im Leichenschauhaus darauf, dass Verwandte sie identifizieren. Hier lag auch der Mann ihrer Nachbarin: Auf seinem Körper hatten die Russen ein Tattoo gefunden, das er sich in Erinnerung an seinen Kriegsdienst in der Ostukraine hatte stechen lassen – und ihn sofort erschossen. Galja konnte sich Anfang März aus Butscha nach Poltawa retten, als die Russen einen Fluchtkorridor öffneten. Bis dahin hatte sie mit den anderen Bewohnern im Keller des Hauses ausgeharrt. Sie ist erst heute wieder zurückgekommen. "Ich wollte endlich nach Hause", sagt sie. "Und das Geld geht uns aus. " Sie kann wieder zu ihrer Arbeitsstelle zurück – eine Brotfabrik in Butscha. Schwarz weiß tattoo. Ihr Sohn muss sich etwas Neues überlegen: Der "Barbershop", in dem er gearbeitet hat, ist niedergebrannt.