Drama Mit Traurigem Ausgang

July 15, 2024, 8:56 pm
In der Antike wurden Wiesel als Haustiere gehalten wie später Katzen. Weil sie ihre Jungen im Mund transportieren, hielt sich lange die Überzeugung, sie würden durch das Maul gebären, worüber sich schon Aristoteles aufregte. Dieser Irrtum war nur schwer aus der Welt zu schaffen, zu sehr verband sich das Wiesel in Mythologie und Volksglaube mit dem Gebären. Bei dem römischen Dichter Ovid wird die Frau, die durch eine List dem Herakles zur Geburt verhilft, zur Strafe in ein Wiesel verwandelt. Noch in der Renaissance reichte man Gebärenden feuchte Tücher auf Schalen mit Wieselmotiven. Merkwürdigerweise konnte das Wiesel - und erst recht seine majestätische Variante, das weiße Hermelin - sich zugleich als Keuschheitssymbol behaupten. Züchtig wie verführerisch Leonardo steigert die Ambivalenz des Motives ins Extreme: Seine fertige "Cecilia" wirkt so jugendlich und züchtig wie verführerisch, sie mag fruchtbar sein, vor allem aber erscheint sie mindestens so energiegeladen und gefährlich wie das Viech, das sie zu zähmen weiß.

Die Frau Mit Dem Hermelin Interpretation

Das Institut hat bereits vor acht Jahren die "Mona Lisa" im Louvre behutsam untersucht, lag allerdings in anderen Fällen auch schon einmal daneben wie bei dem Bildnis einer "Bella principessa", das auch mit noch so viel technologischem Aufwand in den Augen seriöser Forscher nicht zu einem originalen Leonardo-Werk wird. Bei der "Cecilia" entdeckten die Wissenschaftler, dass Leonardo sie erst ohne Tier auf dem Arm malte und ihr dann ein schlankes Wiesel gab, bevor er sich für das muskulöse Hermelin entschied, mit dem "Cecilia" letztendlich so eindrucksvoll Hand in Pfote agiert. Hält man, wie in unserer Bildfolge ( Foto: Pascal Cotte, Lumiere Technology), die Rekonstruktionen neben das Gemälde, so gerät die Szene in Bewegung. Erst verschränkt die Frau brav die Arme, ihre Finger wirken noch nicht so überlang wie später, wenn sie eine Bestie zu bändigen haben. Dann schenkt ihr Leonardo in erster Fassung ein dünnes, gut handhabbares Streicheltier, welches das Grazile seiner Herrin betont. Merkwürdiges Keuschheitssymbol Wiesel waren um 1500 gut bekannt, weil modebewusste Damen die Tiere gerne ausgestopft und mit Edelsteinen verziert an ihre Gürtel hängten.

«Dame mit dem Hermelin» ILLUSTRATION

Die Frau Mit Dem Hermelin

Das Bild könnte also derart gedeutet werden, dass das Tier, welches die Gräfin liebkost, der Herzog sein könnte. Andererseits steht der Mader in seinem weißen Winterfell für Reinheit und Zurückhaltung. Doch zeugt die Geburt des gemeinsamen Sohnes, dass die Beziehung zwischen dem Auftraggeber und der Dargestellten alles andere als unschuldig war. So hat Leonardo da Vinci, welcher das Tier erst in späteren Arbeitsschritten ergänzt hat, gekonnt einen Verweis auf die Liebesbeziehung zwischen den beiden Personen in das Kunstwerk eingearbeitet. Darüber hinaus ist die Maderart ebenso Schutztier der Schwangeren und der Name der Protagonistin, Gallerini, zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem altgriechischen Wort "galée" für Wiesel. Die Symbolik scheint hier also auf mehreren Ebenen eine Botschaft des Künstlers zu sein, die der Geschichtsschreibung ebenso dienen mag wie sie einen gewissen Humor beweist. Leonardo da Vinci - Die Dame mit dem Hermelin Öl auf Leinwand, 1489/1490, Krakauer Czartoryski-Museums, 54, 7×40, 3cm Giovanni Ambrogio de Predis - Ludovico di Sforza Öl auf Leinwand, Castle Trivulzio Library, Mailand

"Gesichter der Renaissance" Die Schöne und das Biest Geliebt, begehrt, verkauft, verschleppt: "Die Dame mit dem Hermelin", vor mehr als 500 Jahren von Leonardo da Vinci gemalt, hat Unglaubliches erlebt. Jetzt ist sie zu Besuch in Berlin. Eine Sensation. Von Anja Lösel Vielleicht ist sie sogar die Schönere von beiden: zart, blond und mit diesem geheimnisvollen Raubtier im Arm. "Die Dame mit dem Hermelin", gemalt von Leonardo da Vinci, ist so etwas wie die kleine Schwester der Mona Lisa. Und wie diese darf sie eigentlich nicht reisen, denn sie ist empfindlich und extrem wertvoll. Nun aber gibt es eine sensationelle Ausnahme: Leonardos Meisterwerk kommt aus Krakau nach Berlin in die Ausstellung "Gesichter der Renaissance". Und sie hat Dramatisches erlebt: 1490 gemalt für ihren Geliebten, den Herzog von Mailand, wurde sie 1800 nach Polen verkauft, später nach Paris verschleppt, nach Krakau zurückgebracht. Ganz kurz war sie sogar in Berlin, genau an der Stelle, wo sie jetzt hängt. Ihre schwärzesten fünf Jahre, von 1939 bis 1944, verbrachte sie im Musikzimmer von Hans Frank.

Die Frau Mit Dem Hermeline

von Frauke Maria Petry Der ein oder die andere mag bei dem Anblick des Bildes in Verbindung mit seinem Titel stutzen – "Dame mit dem Hermelin" und dennoch ist kein Mantel zu sehen? Tatsächlich ist das Kleidungsstück nach seinem Ursprung benannt. Denn die Sammlungsstücke bestehen aus zahlreichen Fellen der Hermeline. Auf dem Gemälde von Leonardo da Vinci trägt die Dame die Maderart folglich nicht um die Schultern, sondern lebendig auf dem Arm. Doch warum ausgerechnet dieses Tier? Mit Ziel gerichtetem Blick fixieren die abgebildeten Figuren ein Geschehen außerhalb des rechten Bildrandes. Vor schwarzer Kulisse setzen sich die beiden gerade durch die hellen Farbtöne leuchtend vom Hintergrund ab. Die Porzellanhaut der Dame fügt sich farblich der weißen Fläche des felligen Körpers. Ebenso elegant und zierlich wie ihre Hautfarbe schmiegt sich ihre überdimensionale Hand behutsam um die Schulterpartier des Tieres. Die Kleidung steht der Anmut von Haltung und Gestik in nichts nach. Das rot-blaue Kleid in Verbindung mit dem Haarschmuck und der Kette, welche sich in zwei Bahnen um den Hals der Protagonistin windet, zeugt von hohem sozialem Stand.

Außerdem wird angezeigt, dass ein Fenster ursprünglich rechts im Bild angezeigt, aber später gelöscht wurde. Die Laboranalyse hat auch Leonardos Fingerabdrücke in der Oberfläche der Farbe aufgedeckt, was beweist, dass er seine Pinselstriche mit den Fingern gemischt hat. Wie in anderen Gemälden von Leonardo – siehe zum Beispiel Die Jungfrau der Felsen (c. 1484, Louvre Museum) – Dame mit Hermelin enthält eine Pyramidenstruktur, bei der sich der Dargestellte nach links dreht (während sich das Hermelin nach rechts dreht), was Leonardos großes Interesse an den dynamischen Bewegungseffekten widerspiegelt. Das Gemälde ist auch ein hervorragendes Beispiel für Leonardos anatomische Kompetenz. Die freigelegte rechte Hand von Cecilia ist zum Beispiel sehr detailliert bemalt: Jede Falte um ihre Knöchel, jeder Fingernagel – sogar die gebeugte Sehne in ihrem Zeigefinger – wird mit akribischer Genauigkeit dargestellt, ebenso wie der Schönheitsfleck auf ihrer rechten Wange. Nahezu jede Fellsträhne um das rechte Ohr der Ermine wird einzeln nachgebildet.